Was macht eine Landschaft einzigartig? Im Großen ist sie bestimmt durch ein Muster aus Äckern, Wiesen, Wäldern und Siedlungen. Was die lokale Situation jedoch besonders macht, sind Elemente wie markante Einzelbäume, Heckenzeilen, Streuobstwiesen, Hohlwege und Ranken in ihren mannigfaltigen Ausprägungen. Sie drücken in der Summe unserer Landschaft ihren Stempel auf, geben ihr eine Struktur und machen sie unverkennbar.
Gewachsen in Jahrhunderten
All diese gliedernden Elemente legen Zeugnis ab für das Bild einer Kulturlandschaft, die in einem jahrhundertelangen Prozess durch die bäuerliche Bewirtschaftungsweise gewachsen ist. Ihre identitätsstiftende Funktion wird uns oft erst nach ihrem Verschwinden schmerzlich bewusst. Die bis ins 20. Jahrhundert hinein erhalten gebliebene ursprüngliche Agrarlandschaft wurde in zunehmendem Maße vielfältigen Nutzungsansprüchen unterworfen - seitens der Siedlungsentwicklung mit Wohnbebauung und Gewerbe, seitens der Verkehrsentwicklung sowie der Land- und Forstwirtschaft.
Ausgelöst durch marktwirtschaftliche Vorgaben und mittels moderner technischer Errungenschaften wurde die ackerbauliche Nutzung intensiviert, um den Ertrag zu steigern und die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse konkurrenzfähig zu erhalten. Im Rahmen der Flurbereinigung wurden Anbauflächen zusammengelegt, um sie im Zuge der veränderten maschinellen Bewirtschaftung effizienter nutzen zu können. Gliedernde Elemente wie Hecken und Raine waren dabei im Weg und gingen im großen Stil verloren.
Mit engmaschigen Kleinstrukturen ausgestattete Räume sind inzwischen selten geworden. Umso mehr fungieren diese heute als Vorbild für eine nachhaltige Entwicklung agrarisch geprägter Landschaften, die sowohl kulturräumliche als auch naturschutzfachliche Ziele erfüllen. Erfreulicherweise sind im Wittelsbacher Land noch Gebiete mit Hohlwegen (= Greppen), Hangterrassen oder Ranken erhalten geblieben, aber auch Stufenheckensysteme, Streuobstwiesen und Ackerwildkrautfluren.
So konnten auch viele Arten der traditionellen Kulturlandschaft überleben, allen voran bestimmte Brutvogelarten der Feldflur. Darunter gelten sowohl der in Bayern stark gefährdete Kiebitz als auch die Feldlerche und das Rebhuhn als typische Kulturfolger, die erst nach Rodung großer Teile der ursprünglich eher geschlossenen Waldlandschaft nach Mitteleuropa eingewandert sind.
Hierzu gehören auch die Ackerwildkräuter, die seit Beginn des Ackerbaus mit dem Saatgut der Kulturpflanzen ihren Weg in unsere Landschaft gefunden haben. Je nach Standort und Bewirtschaftung bilden sich unterschiedliche Pflanzengemeinschaften aus. Besonders artenreiche Ackerwildkrautfluren gedeihen auf Grenzertragsstandorten, also flachgründigen, kiesigen oder sandigen Böden. Getreidefelder und deren Randstreifen, die vom Blütenmeer des Roten Klatschmohns oder der blaublühenden Kornblume überzogen sind, gehören zweifelsohne zu den ästhetischen Höhepunkten in der Landschaft. Auf kalkhaltigen Böden blüht der filigrane Acker-Rittersporn und die Knollen-Platterbse, auf sandigen Böden der Sand-Mohn.
Den Blütenreichtum von Gehölzsäumen, Ranken und Rainen nutzen das Schachbrett und der Schwalbenschwanz, zwei sonst selten gewordene Schmetterlingsarten. Auch die Zauneidechse schätzt die ungestörten, zumindest teilweise offenen, wärmebegünstigten Kleinstrukturen mit ihrem reichhaltigen Insektenangebot.