Alles im Fluss

Die Gewässerlebensräume

Quellen - Ursprung allen Lebens

Gewässer prägen das Bild einer Landschaft, sie gliedern und verbinden. Ihre Quelle jedoch liegt meist im Verborgenen. Hier beginnt alles. Sprudelnd oder sickernd drängt das Wasser aus dem Untergrund, plätschert fortan munter dahin oder tränkt still das umgebende Erdreich.

Sickerquellen findet man im Hügelland, wo grundwasserführende Bodenschichten angeschnitten sind. Das Silberbrünnl südlich Motzenhofen ist ein gut erhaltenes Beispiel mit entsprechend hochwertigem Arteninventar. Im ebenen Lechtal dagegen erfolgt ein Wasseraustritt eher in Form von Tümpelquellen, wie zum Beispiel südwestlich von Stätzling. Der Volksmund spricht bei diesen vom Lech gespeisten Gumpen von Moosbrunnen.
Das Bild dynamisch sprudelnden Quellwassers vor Augen, mag es verwundern, dass sich ausgerechnet Quellen durch besonders konstante Lebensraumbedingungen auszeichnen. Tatsächlich schwankt die Wassertemperatur nur wenig im Tages- und Jahresverlauf. Sie ist durchschnittlich niedrig, da das Grundwasser im Boden unbeeinflusst von Sonneneinstrahlung und Außentemperatur bleibt. Auch Sauerstoff und Nährstoffe hatten wenig Gelegenheit, sich im zutage tretenden Quellwasser anzureichern.

Diese besonderen Standortfaktoren sind der Grund dafür, dass sich entsprechend stark spezialisierte Arten ansiedeln und spezifische Lebensräume entwickeln. Es sind vor allem kleine und auf den ersten Blick unscheinbare Arten wie Wasserinsekten (Stein-, Köcher-, Eintagsfliegen, Libellen, Wasserkäfer) und Wasser-schnecken, welche hier ihre Nische finden.

Veränderungen im Quelleinzugsgebiet führen schnell zu Störungen dieser hochspezialisierten Lebensgemeinschaften. Anhaltende Prozesse wie die Versiegelung von Flächen, die Anlage von Drainagen oder die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung haben dazu geführt, dass unbelastete Quellen inzwischen sehr selten geworden sind.

Flüsse, Bäche und Gräben

Ausgehend von ihrer Quelle, durchzieht Wasser in Form von Bächen, Gräben und Flüssen die Landschaft. Hier gliedert sich das Wittelsbacher Land in zwei grundlegend verschiedene Gewässersysteme. Fließgewässer im Lechtal und im Hügelland unterscheiden sich grundlegend hinsichtlich ihres Ursprungs, ihrer Form und ihres Arteninventars.

Im Hügelland sind es die kleinen Flüsschen Paar und Ecknach, deren Flusstäler die Landschaft durchziehen. Durch ihr relativ geringes Gefälle konnten sie sich kaum in den Untergrund einschneiden und neigten zur Ausbildung von Flussschlingen. Mit einem weitgefächerten Netz an Seitentälern, kleinen und kleinsten Bächen bilden sie das grüne Rückgrat für den Biotopverbund wie auch für die Erholungsnutzung inmitten eines sonst ackerbaulich geprägten Raumes.
Der einst unverbaute Lech dagegen hat in seinem Bett eine Wildflusslandschaft hinterlassen, welche in einzigartiger Weise diesen Teil des Wittelsbacher Landes prägt. Im Zuge von Gewässerregulierung und Stauhaltungen zur Energiegewinnung (Bau der Wasserkraftwerke) büßte der Fluss aus den Alpen seine ungebändigte Dynamik ein. Ursprünglich anmutende Umlagerungsstrecken mit Kiesinseln lassen sich heute noch bei Gersthofen in Augenschein nehmen. Das Vorkommen von Kiesbankbrütern mit einer Population des gefährdeten Flussregenpfeifers zeugt von der hohen naturschutzfachlichen Qualität dieser Flächen.

Auch als Fischgewässer hat der Lech nach wie vor eine hohe Qualität. Charakteristisch sind die Fische der sogenannten Äschenregion mit Vorkommen von Huchen, Äsche, Koppe und Schneider, die zu den bayernweit bedrohten Fischarten gehören. Als Sensation gilt die Wiederentdeckung des seit über hundert Jahren verschollenen Steingresslings zwischen Gersthofen und Meitingen.

Einen ganz eigenen Charakter besitzen die vielen Aubäche, Kanäle und Gräben, die einem Adernetz gleich das Lechtal durchziehen. Welche davon natürlichen Ursprungs sind, welche begradigt, ausgebaut und welche als Gräben zur Regulierung des Wasserhaushalts künstlich angelegt wurden, lässt sich im Gelände oft kaum mehr erkennen. Bei entsprechender Wasserqualität, naturnahem Gewässerprofil, geringen oder fehlenden Störeinflüssen aus angrenzenden Nutzungen erfüllen sie wichtige Lebensraumfunktionen, so etwa für das stark gefährdete Gefärbte Laichkraut oder die seltene Helm-Azurjungfer.

Teiche, Tümpel und Altwässer

Nur entlang von Lech und Paar, den beiden Flüssen im Wittelsbacher Land, bestanden die Voraussetzungen, um natürliche Stillgewässer entstehen zu lassen. Der einstmals ungeregelte, stark mäandrierende Lauf der Paar schuf immer wieder kleine und nur zeitweise wasserführende Tümpel oder vom Fluss abgeschnittene Altwässer, so zum Beispiel bei Unterbernbach.

Überwiegend sind die Stillgewässer des Wittelsbacher Landes jedoch anthropogenen Ursprungs. Sie entstanden durch Abbautätigkeiten, wie die Kiesweiher im Lechtal, durch Quellfassungen oder durch Aufstau von Fließgewässern in natürlichen oder künstlichen Vertiefungen. Zahlreiche Seen und Weiher erfüllen heute Erholungsfunktionen oder werden teichwirtschaftlich genutzt, sind aber auch wichtige Lebensräume, zum Besipiel für Wasservögel, Röhrichtbrüter, Lurche und Libellen.

Titelbild: Der großflächige Blütenteppich der Weißen Seerose legt jeden Frühsommer einen stillen Zauber über den Blumenthaler Weiher. Foto: Stefan Gerstorfer

Bild oben: Am Kabisbach. Foto: Stefan Gerstorfer

Bild Mitte-oben: Kurz unterhalb seiner Quelle am Silberbrünnl bahnt sich das Wasser seinen Weg zwischen Farnen und Moosen durch den Wald. Foto: Stefan Gerstorfer

Bild Mitte-unten: Die Äsche liebt die Strömung. Foto: Tobias Lermer

Bild unten: Das Gefärbte Laichkraut (Potamogeton coloratus). Foto: Reinhard Engemann