Der Mensch als Landschaftsgestalter

Schon während der letzten Kaltzeit des Eiszeitalters durchstreiften Jäger und Sammler unsere Region. Zu dieser Zeit übten sie noch keinerlei Einfluss auf das Landschafts- und Vegetationsbild aus. Erste konkrete Spuren prähistorischer Menschen im Wittelsbacher Land datieren aus der Mittelsteinzeit (9.600-5.600 v. Chr.). Mit einer Ausnahme befinden sich deren Fundstellen an erhöhten Geländepunkten im Hügelland sowie an der Lechleite.

Mit dem Übergang der vormals nomadisierenden Jäger und Sammler zu sesshaft werdenden Bauern, die Siedlungen anlegten und Wald zur Schaffung landwirtschaftlicher Nutzflächen rodeten, setzte der eigentliche Besiedlungsprozess ein. Ein neues Zeitalter hatte begonnen. Der Mensch wurde zum prägenden Akteur für die Entwicklung der ihn umgebenden Landschaft.

Erste Siedler entlang der Flüsse

Die Besiedlung Südbayerns setzte über das Donautal ein. Von den großen Stromtälern kommend, drangen die Menschen entlang kleinerer Flüsse und Bäche in die schwer zugänglichen Wälder des Hinterlandes vor. Zu den ersten Siedlungsräumen in der Steinzeit gehörten wegen ihrer Fruchtbarkeit vor allem die lössbeeinflussten Landschaften, darunter das Tertiärhügelland, die Altmoräne und wahrscheinlich auch Bereiche der Aindlinger Terrassentreppe, wie Funde vermuten lassen.

Zu den bevorzugten Siedlungsplätzen gehörten damals exponierte Talkanten. Diese Standorte verschafften einen guten Überblick und Schutz. Hier bestand die Möglichkeit, Talniederungen zu mähen, zu beweiden oder für den Fischfang zu nutzen sowie das lössbedeckte Hinterland zu beackern und Wälder zu beweiden. Wie Funde aus vor- und frühgeschichtlichen Epochen belegen, wurden erhöhte Lagen an der Lechleite schon sehr früh besiedelt. Ein präzises Bild der Siedlungsentwicklung bis in die römische Epoche lässt sich aber noch nicht erstellen.

Die Römer kommen

Die Römer trafen im ersten Jahrhundert vor Christus nicht auf unbesiedeltes Gebiet. Die im östlichen Wittelsbacher Land ansässigen keltischen Stämme blieben jedoch vor Unterwerfung durch die Römer weitgehend verschont. Der westliche Teil und damit die Lechleite bildeten dagegen einen der römischen Siedlungsschwerpunkte. Nach den Soldaten bedingten später auch zuziehende römische Zivilisten eine weitere Bevölkerungszunahme. Mehrere römische Straßenzüge verliefen durch das Wittelsbacher Land, vor allem hin zur bedeutenden Provinzhauptstadt Augusta Vindelicium, dem heutigen Augsburg. 

Die mittelalterliche Landeinnahme

Ausgang des fünften Jahrhunderts, nach dem Zusammenbruch des römischen Imperiums bevölkerten verschiedene Volksstämme das Gebiet, das sich nun unter Kontrolle der Alamannen befand. Weiter zuziehende germanische Siedler aus dem Norden verdrängten allmählich die keltisch-romanischen Gruppen. In der weiteren Folge wurde der Raum entlang der Flusstäler und Wegeverbindungen aus der Römerzeit erschlossen. Die Alamannen legten östlich des Lechs an strategisch wichtigen Punkten erste Siedlungen an, so bei Merching, im Paartal und an der Lechleite.

Größere Waldrodungen begannen im 4. Jahrhundert n. Chr., verstärkt im Zuge der Völkerwanderung, etwa zwei Jahrhunderte später. Innerhalb der sanft geschwungenen Hügellandschaft bot sich an flach geneigten Hanglagen die ackerbauliche Nutzung an, während die Tallagen traditionell Grünlandflächen waren. Wälder beschränkten sich auf Kuppen und Steilhänge. Seit dem ausgehenden Mittelalter im 14./15. Jahrhundert haben sich die Wald-Offenland-Verteilung und die Siedlungsstruktur kaum mehr geändert. Einen starken Aufschwung nahm jedoch die Bevölkerungsentwicklung.

Was Ortsnamen verraten

Die ältesten Siedlungen finden sich am Lechrain, entlang der Flüsse Paar und Ach, im Altmoränengebiet sowie auf der Aindlinger Terrassentreppe. Ihre Ortsnamen enden häufig auf -ing. Die Dörfer im Zentrum des Tertiärhügellandes sind eher jünger. Ortschaften, die auf spätere Rodungen im damals noch von Wald beherrschten Tertiärhügelland östlich der Paar zurückgehen, geben ihren Ursprung durch Endungen wie –ried, -hart oder –holz zu erkennen. Ausgangspunkte für Ansiedlungen waren nicht selten Klöster, Kirchen oder Burgen. Erste urkundlich dokumentierte Siedlungen im 8. und 9. Jahrhundert sind Adelzhausen, Baindlkirch, Schmiechen, Ecknach, Gallenbach und Dasing.

Und die Wittelsbacher?

Erste Zeugnisse, die auf den Namen Wittelsbacher deuten, reichen in die Zeit um 800 zurück. Um die Jahrtausendwende bestand eine Burg der Grafen von Kühbach auf einer Anhöhe bei Unterwittelsbach. Die später zugezogenen Grafen von Scheyern errichteten dann eine neue Burg bei Oberwittelsbach. Das Adelsgeschlecht benannte sich fortan als Wittelsbacher. Ihre Königstreue mehrte ihren Einfluss in der Region. Anfang des 13. Jahrhunderts wurde die Burg Oberwittelsbach zerstört und der Ort büßte vorübergehend seine Bedeutung für das Herrschergeschlecht der Wittelsbacher ein. Mehrere Burgen, Städte und Märkte im Wittelsbacher Land dienten aber weiterhin der Verwaltung des Raumes. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das „Sisi-Schloss“ Unterwittelsbach von Herzog Max von Bayern gekauft und grundlegend umgestaltet.

Die Technisierung der Landwirtschaft

Unter dem Einfluss einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft entwickelte sich das Wittelsbacher Land bis ins 20. Jahrhundert zu einer vielfältigen Kulturlandschaft. Erst die engen marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die gestiegenen Nutzungsansprüche des Menschen gepaart mit den technischen Möglichkeiten lösten im 20. Jahrhundert einen tiefergehenden Wandel der Landschaft aus.

Die ursprünglich kleinparzellierte Feldflur wurde im Rahmen der Flurbereinigung, insbesondere in den 1960er und 1970er Jahren, an die maschinelle Bewirtschaftungsweise angepasst und zu großen Schlägen (zusammenhängende Flurstücke) umgestaltet. Dadurch gingen die meisten Raine, Alleen und Feldgehölze verloren, nicht nur für das Landschaftsbild, sondern auch als Standort für Wildkräuter sowie als Rückzugsraum und Nahrungsquelle für die Tierwelt. Durch die Entwicklung des mineralischen Düngers konnte fast jeder Boden für den Ackerbau nutzbar gemacht werden. Moore wurden entwässert, Heiden gedüngt und umgepflügt. Im Sinne einer möglichst effizienten Holznutzung wurden die Wälder im Tertiärhügelland von Laub- und Mischwald auf reine Fichtenforste umgestellt. Flussbauliche Maßnahmen wie Begradigungen und Staustufen sollten der Hochwassergefahr begegnen und zur Energiegewinnung beitragen. Sie veränderten damit jedoch massiv den Landschaftshaushalt der Talräume. Gerade am Lech lösten diese Maßnahmen einen gravierenden Landschaftswandel aus.

So verloren nahezu alle Lebensräume innerhalb weniger Jahrzehnte ihr ursprüngliches Gesicht und einen großen Teil ihrer ursprünglichen Artenvielfalt. Heute ist man bestrebt, manche dieser Fehlentwicklungen rückgängig zu machen. Im Hügelland werden Moorflächen wiedervernässt, Bachtäler renaturiert, vormals begradigte Bäche dürfen innerhalb ihrer Aue wieder frei mäandrieren, arten- und strukturarme Forste werden zu Mischwäldern umgebaut. Viel Energie und Engagement wird darauf verwendet, bedeutsame Biotope nicht nur unter Schutz zu stellen, sondern diese auch nach naturschutzfachlichen Vorgaben zu pflegen und miteinander zu vernetzen. Eine Vielzahl hauptberuflich und ehrenamtlich organisierter Fachleute und Naturfreunde trägt dazu bei, die Biotope und Naturschätze im Wittelsbacher Land auch für kommende Generationen zu erhalten.

Titelbild: Dieter Speelmanns