Das tertiäre Zeitalter

Die Auffaltung der Alpen

Zu Beginn der Erdneuzeit vor 65 Millionen Jahren begannen sich durch die anhaltende Norddrift der afrikanischen gegen die europäische Kontinentalplatte die Alpen endgültig als Gebirge empor zu heben. Dabei wurden auch Meeressedimente des sogenannten Penninischen Ozeans mit an die Oberfläche gehoben. Dieser Ozean bildete sich im Erdmittelalter (Jura) zwischen dem Südrand des damaligen Europa und der adriatischen Platte, einem kontinentalen Sporn Afrikas. Mit Schließung des Penninischen Ozeans erfolgte im Eozän, also vor etwa 50 Millionen Jahren, die endgültige Kollision der Kontinente. Die adriatische Mikroplatte schob sich über den Rand der europäischen Kontinentalplatte, was im Überlappungsbereich zur Verdopplung von kontinentaler Kruste führte und letztlich die Gebirgsbildung der Alpen bedingte.

Das Molassebecken entsteht und verfüllt sich

Mit der weiteren Überschiebung dieses Krusten-teils auf das europäische Vorland senkte sich nun nördlich der aufsteigenden Alpen unter der tektonischen und sedimentären Auflast ein marines Vorlandbecken ein. Es füllte sich im Lauf von Jahrmillionen mit dem, was die Kräfte der Erosion aus den sich hebenden Alpen wieder abtrugen, also mit Sedimenten unterschiedlichster Größe, der sogenannten Molasse. Auch die nördlich des Beckens gelegene Schwäbische und Fränkische Alb sowie das ostbayerische Grundgebirge (Bayerischer Wald) leisteten mit ihrem Abtragungsschutt, den die Flüsse aus ihnen heraus lösten, einen kleinen Beitrag zur Verfüllung des Beckens.

Verschiedene Aktivitätsphasen der Gebirgsbildung, das stete Einsinken des Beckens und sich immer wieder verändernde Meeresspiegel-niveaus, ließen im Tertiären Zeitalter das sogenannte Molassebecken entstehen. Das Becken erstreckt sich vom Alpennordrand nordwärts bis etwa zur Donau. Während die Molasse im Norden nur eine relativ geringe Mächtigkeit von weniger als hundert Metern erreicht, bildete sich am Alpenrand eine mehrere Tausend Meter mächtige Schichtenfolge.

Das Becken wurde in zwei großen Zyklen mit Sedimenten aufgefüllt. Zum einen unter marinen Bedingungen in das noch vorhandene bzw. erneut vordringende Meer (Meeresmolasse), zum anderen nach der jeweiligen Verlandung in einem festländischen Milieu durch Sedimenteinträge der Flüsse (Süßwassermolasse). Die jüngste Sedimentschicht im Molassebecken, die Obere Süßwassermolasse, bildet die Grundlage für den Großteil des Wittelsbacher Landes, das Tertiärhügelland.

Die Obere Süßwassermolasse

Die Ablagerung der Oberen Süßwassermolasse erfolgte im Miozän vor rund 17 bis 10 Millionen Jahren. Zu jener Zeit herrschte in unseren Breiten ein warmes, subtropisches Klima und das Alpenvorland zeigte sich als eine von trägen Flüssen durchzogene, von Sümpfen und flachen Seen durchsetzte Niederungs- und Überschwemmungslandschaft.
Ausgehend von einem weit nach Nordwesten ausgreifenden und dann nach Westen und Südwesten zum Rhône-Becken gerichteten Fluss-system erfolgte die Schüttung der Oberen Süßwassermolasse (vgl. Abb. S.9). Damit orientierte sich die Haupt-Entwässerung des Beckens entgegengesetzt zur heutigen Abflussrichtung. In mehreren Phasen gelangten hauptsächlich Materialien aus den östlichen Kalk- und Zentralalpen zur Ablagerung. Über riesige Schwemmfächer erreichte gröberer Schutt aus den Alpen das alpenrandnahe Becken. Je nach Transportkraft der Gewässer wurden zum Muldeninneren hin zunehmend feinere Sedimente, Kiese und Sande, schließlich Feinsande und Mergel ab- und umgelagert.

Zuerst akkumulierten diese noch im Umfeld sich ständig verlagernder Flüsse, dann, bei geringerem Gefälle im Überflutungsbereich mäandrierender Flüsse und Bäche. Feinsedimente wurden auch in Stillwasserzonen abgesetzt.

Sich laufend ändernde Bedingungen während der Sedimentation führten zu einem oft raschen Wechsel in der Sedimentfolge. Hieraus wird verständlich, dass sich die Ablagerungen der Oberen Süßwassermolasse aus stark wechsellagernden grob- und feinkörnigen Lockersedimenten zu-
sammensetzen. Feinsedimente der Oberen Süßwassermolasse nehmen mit der Schüttungsrichtung von Ost nach West und gegen den Beckenrand nach Norden hin zu. Da sich das Wittelsbacher Land in Bezug auf das gesamte Molassebecken etwa in der Muldenachse und relativ weit im Westen befindet, sind hier glimmerreiche Fein- bis Mittelsande sowie (mergelige) Tone und Schluffe die Hauptbestandteile der Molasse. Lokal kommen aber auch gröbere Quarzsande sowie quarzreiche Kiese und Kies/Sand-Gemische vor.


Rauf und runter

Nach Ablagerung der Oberen Süßwassermolasse wurde das Molassebecken in den vergangenen etwa 10 Millionen Jahren tektonisch stärker heraus gehoben. Der vormalige Sedimentationsraum geriet vorwiegend zum Erosionsgebiet, in dem über einen Zeitraum von 6 bis 7 Millionen Jahren im ausgehenden Tertiär etwa 100 bis 200 Meter Lockergesteine bereits wieder abgetragen wurden. Durch die stärkere Heraushebung des Muldenschlusses im Südwesten (Schweizer Jura) kehrte sich das Gefälle im Molassebecken allmählich um und formte langsam wieder ein nach Osten gerichtetes Flusssystem als Vorläufer unseres heutigen.

Streiflicht zur Fauna und Flora

Das Landschaftsbild zur Zeit der Oberen Süßwassermolasse prägten subtropische Wälder und Grasfluren. Zur damals verbreiteten wärmeliebenden Flora gehörten zum Beispiel Lorbeergewächse. Uns aus tropischen Klimazonen vertraute Tierarten wie Affen, Löwen, Nashörner und Elefanten durchstreiften das Gebiet.

Titelbild: Vor circa 13 Millionen Jahren wurden über ein nach Westen gerichtetes Flusssystem die Gesteine der Oberen Süßwassermolasse (gelb) im Vorlandbecken abgelagert. Nach LfU 2009, geändert